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Ohne FB-Profil geht es auch

Wie ein soziales Netzwerk seine eigene Nutzlosigkeit demonstriert

Keine Firmenseiten ohne Profil realer Person

Als wir uns vor einiger Zeit dazu entschlossen, auf FB präsent zu sein, stellte sich schnell die Frage, wer die Präsenz pflegen sollte. Von den drei Vorstandsmitgliedern hatte nur einer ein FB-Profil. Es macht jedoch wenig Sinn, die Präsenz nur von einer einzigen Person pflegen zu lassen. Die anderen Vorstände jedoch wollten aus verschiedenen Gründen mit FB persönlich nichts zu tun haben.

FB selbst bietet jedoch keinerlei Möglichkeit, Firmenpräsenzen ohne persönliche Profile zu erstellen. Also erstellten wir einen gewöhnlichen Account neu und verwendeten dafür unseren Vereinsnamen statt eines Personennamens.

Lange Zeit gab es damit keinerlei Probleme. Doch eines Tages wurde unser Account durch FB gesperrt. Wir wurden unmissverständlich aufgefordert, den Namen des Profils durch den einer realen Person zu ersetzen. Dies war jedoch für uns absolut inakzeptabel. Wir verwendeten also übergangsweise einen weiteren Phantasienamen » Alfred Schmidt « um unseren letzten, abschließenden Post überhaupt noch veröffentlichen zu können.

Rechtlich fragwürdig

Ob nun irgendein Automatismus dazu führte, dass FB unseren Account sperrte oder etwa ein missliebiger Zeitgenosse dies meldete, wissen wir nicht. Es spielt letztlich auch keine Rolle für unsere Entscheidung. Wir sehen in der Realnamenpflicht bei FB einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung; in der rigorosen Durchsetzung dessen bisweilen sogar eine Nötigung; im konkreten Fall auch noch gerichtet gegen einen Verein und ehrenamtliches Engagement.

Das eigentliche Problem im vorliegenden Fall besteht in der Tatsache, dass FB versucht, eine Verknüpfung zwischen Personenprofilen und gesellschaftlichen wie auch beruflichen Aktivitäten zu erzwingen. Nach unserer Meinung missbraucht FB hier seine aufgrund der schieren Nutzermasse marktbeherrschende Stellung. So hatten wir als Verein noch die Freiheit zu entscheiden, uns vollständig von FB zurückzuziehen. Viele andere Einrichtungen, Firmen oder Organisationen haben diese Wahl jedoch nicht. Sie sind auf die öffentliche Präsenz bei FB aus verschieden Gründen angewiesen.

Um es deutlich zu sagen: Wir sind der Meinung, dass es FB schlichtweg nicht das Geringste angeht, wer bei welcher Firma arbeitet, wer für welche Organisation die FB-Präsenzen pflegt usw.

Wer sich freiwillig dazu entschließt, solcherlei Informationen auf den Seiten von FB zu veröffentlichen, kann dies selbstverständlich gerne tun. Im vorliegenden Fall jedoch versuchte FB dies gegen den erklärten Willen der Betroffenen zu erzwingen. Hier überschreitet FB nach unserer Ansicht seine Kompetenzen. Eine gefestigte Rechtsprechung zu dem Thema gibt es jedoch nicht. Es wurde lediglich festgestellt, dass nach europäischen Normen das irische Recht Anwendung findet, weil dort FBs Datenverarbeitung für Europa stattfindet.

Wir sind jedoch der Meinung, dass sich FB an deutsches Recht zu halten hat, weil es auch eine Niederlassung in Deutschland unterhält. Diese ist jedoch kaum bekannt, findet sich nach unserem Kenntnisstand auch nicht auf den Webseiten von FB sondern muss recht aufwendig recherchiert werden. Für alle die es interessiert, der Sitz der deutschen Niederlassung von FB befindet sich hier:

F***b*** Germany GmbH
Caffamacherreihe 7
20355 Hamburg

Telefon: 040 808076473
Handelsregisternummer: HRB 111963

Diese Informationen sind natürlich ohne Gewähr auf Richtigkeit, weil wir sie aus Branchenverzeichnissen und ähnlichen Quellen recherchiert haben. (Stand: Januar 2018)

Im Nachhinein betrachtet: Für uns nutzlos

Nun kommt das Witzige an der Geschichte: Nachdem der FB-Account erst einmal stillgelegt war, zeigte sich recht schnell, wie wenig FB überhaupt zur öffentlichen Wahrnehmung unseres Vereins beigetragen hat. Man könnte auch sagen: FB hat sich im Nachhinein als völlig nutzlos und überbewertet erwiesen. Dies nimmt man jedoch nicht wahr, solange man vom süßen Einheitsbrei aus Katzenvideos und Klatsch & Tratsch im Stadtgespräch eingelullt wird.

Letztendlich verschlang die Präsenz auf FB nichts weiter als jede Menge Arbeits- und damit Lebenszeit. Die Nutzlosigkeit erkennt man jedoch erst, wenn man nicht mehr permanent vom FB-Newsfeed "informationsgeflutet" wird. Wir können nur allen unseren Mitgliedern empfehlen: Versuchen Sie es selbst einmal und verzichten Sie auf FB. Lassen Sie Ihr Smartphone beim nächsten Urlaub einfach mal zu Hause und lassen Sie sich von Ihren eigenen Erfahrungen beim Verzicht auf soziale Netzwerke überraschen.

Soziales Netzwerk? Simulation von Sozialität!

Letztlich sind digitale soziale Netzwerke nichts weiter als eine Simulation von Sozialität, geschaffen einzig und allein zur Aggregation möglichst präziser Personenprofile. FB lebt allein vom Glauben der Online-Werbewirtschaft an das Gerede von der Effizienz möglichst zielgerichteter Werbung. Möglicherweise löst sich dieser ja ebenso in Nichts auf wie unser Glaube an die Notwendigkeit einer FB-Präsenz?

Je länger man sich mit der reinen Interaktion mit der Plattform FB befasst, umso stärker wird man hineingezogen - in den verführerischen Reiz, besonders häufig zu posten, nach "Likes" zu heischen. Das System FB erhält sich selbst, indem es Anreize zu immer mehr Interaktion setzt und den Mangel an Interaktion abwertet. Jedoch, was ist schon ein "Like"? Nüchtern betrachtet, nichts weiter als ein numerischer Zähler an einem Textschnipsel.

FB kennt die Probleme sehr genau

Wenig verwunderlich, was FB selbst gegen das kritische Hinterfragen der sozialen Auswirkungen der "medialen Dauerbeschallung" empfiehlt: Mehr Interaktion auf FB . Ist die ursprüngliche Studie durchaus noch fundiert, wirken die Schlussfolgerungen FBs dagegen schon beinahe wie die Argumentation der amerikanischen Waffenlobby NRA, welche stets nach Attentaten oder Amokläufen mehr Waffen fordert .

Der nach unserer Ansicht grundlegend falsche Schluss, welchen die Firma FB selbst aus den zugrunde liegenden Studien zieht, ist: Die Nutzer der Plattform FB interagieren mit realen Personen. Richtiger dagegen wäre zu sagen: Die Nutzer interagieren mit digitalen Avataren realer Personen, mit mathematischen Algorithmen und technischen Funktionen. Nichts davon kann die direkte soziale Interaktion realer Personen untereinander ersetzen oder gar verbessern.

Wie FB in seiner Analyse richtig feststellt, fördert der fortwährende Konsum der "sozial-medialen Dauerbeschallung" depressive Stimmungen. Die Unterscheidung in passiven und aktiven Konsum dient unserer Meinung nach lediglich der Rechtfertigung des Geschäftsmodells der Firma FB. Ein so genanntes "soziales Netzwerk" kann keine Probleme lösen, welche soziale Netzwerke überhaupt erst aufwerfen.

Fazit

All diese Probleme und unbeantworteten Fragen sind seit Längerem bekannt. Jedoch sind nicht alle Antworten darauf auch Lösungen. Sie waren jedoch letztendlich ausschlaggebend für unsere Entscheidung, die Plattform FB nicht länger zu nutzen. Auf jeden Fall nicht unter der Bedingung, dass die Betreuer unserer FB-Präsenz auf ihre nach § 13 Abs. 6 Telemediengesetz garantierten Rechte auf pseudonyme Nutzung verzichten müssen.

Interessant auch, wie viele weitere Bestimmungen des Telemediengesetzes der alltäglichen Praxis FBs bei genauerer Betrachtung entgegen stehen. Wir alle haben uns jedoch daran gewöhnt, dass FB sich weltweit auf US-amerikanisches Recht beruft, welches generell kaum Schutz personenbezogener Daten kennt. Doch nach unserer Ansicht hat ein weltweit agierendes Unternehmen sich auch weltweit an die jeweils lokal gültigen Gesetze zu halten. So wie es auch für deutsche Unternehmen selbstverständlich sein sollte, sich z.B. an US-Umweltvorschriften beim Bau von Dieselfahrzeugen zu halten.

Wir waren gern für unsere Mitglieder über FB erreichbar. Noch lieber jedoch sind wir es nicht. Wir hoffen, Sie bleiben uns dennoch gewogen. Über die bekannten Kontaktmöglichkeiten stehen wir Ihnen natürlich weiterhin zur Verfügung.

Ihr Landnetz-Vorstand

 

PS: Wir verzichten an dieser Stelle bewusst auf die namentliche Nennung der betreffenden Plattform, abgekürzt "FB". Wir möchten hier keinen Beitrag zu suchmaschinenrelevanten Keywords für die betreffende Firma leisten - so klein er auch wäre.

Update vom 12.02.2018

In einer erstinstanzlichen Entscheidung stellt das Landgericht Berlin (Az 16 O 341/15) fest, dass die Nutzungsbedingungen von FB in mehreren Punkten gegen deutsches Recht verstoßen. Darunter auch wieder der von uns schon beanstandete Zwang zur Verwendung von Personennamen, der wie oben schon beschrieben nach unserer Auffassung gegen § 13 Abs. 6 Telemediengesetz verstößt. Das Landgericht Berlin scheint unsere Auffassung zu teilen. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Bemerkenswert an dem Urteil ist vor allem, dass zum ersten Mal die Anwendbarkeit deutschen Rechts bejaht wird und sich FB nicht länger auf das für sie sehr bequeme irische Recht berufen kann. Selbstverständlich hat FB umgehend Berufung angekündigt. Es bleibt jedoch spannend!